Es gibt noch nicht genügend Patenschaften Interview mit Cornelia Kalt-Jopen

Badische Zeitung vom 21/06/2011

Interview in der BZ

OFFENBURG. Der alte Friedhof in der Oststadt zählt zu den schönsten Oasen Offenburgs. Seit November 2009 gibt es den Förderkreis Historischer Waldbachfriedhof Offenburg, der sich für den Erhalt einsetzt und die Friedhofsverwaltung bei ihren umfangreichen Aufgaben unterstützen möchte. Ein wichtiges Projekt des Förderkreises ist die Vermittlung von Grabpatenschaften. Gertrude Siefke wollte von der Vorsitzenden Cornelia Kalt-Jopen erfahren, wie’s läuft.

BZ: Was hat Sie eigentlich bewogen, sich für den Waldbachfriedhof einzusetzen?

Cornelia Kalt-Jopen: Seit vielen Jahren gibt es Führungen über den Friedhof. Ich bin von Anfang an dabei gewesen und mache die Rundgänge über den alten Friedhof besonders gerne. Dieser Ort weckt immer wieder mein Geschichtsinteresse und ich lerne ständig dazu. Er hat ein ganz eigenes Flair und zieht die Besucher in seinen Bann.

BZ: Wenige Monate nach der Vereinsgründung konnten Sie bereits das 100. Mitglied begrüßen – hatten Sie mit dieser Resonanz gerechnet?

Kalt-Jopen: Ich hatte schon gedacht, dass unser Verein auf Interesse stoßen wird. Dass es dann bei der Mitgliederzahl so schnell voran ging, darüber habe ich mich sehr gefreut, insbesondere auch darüber, dass Mitglieder von Offenburger Familien sich gemeldet und ihr Interesse am Förderkreis bekundet haben, obgleich sie nicht mehr in der Stadt leben.

BZ: Ein Vereinsziel ist die Verbreitung der Idee der Grabpatenschaften – hat es sich denn bereits herumgesprochen?

Kalt-Jopen: Noch nicht genügend, das muss ich leider sagen. Vielleicht haben wir auch noch nicht genug attraktive Gräber auf der Liste.

BZ: Wie ist die Idee entstanden?

Kalt-Jopen: Bereits 1987 wurde eine Liste mit 187 erhaltenswerten Gräbern angelegt. Erhaltenswert sind diese Grabstätten deshalb, weil entweder das Grabdenkmal hochwertig ist oder die bestattete Person einen besonderen Bezug zu Offenburg hat. Später wurde diese Liste noch erweitert. Es gibt auch Gräber, die aufgrund ihrer Lage bewahrt werden sollten, weil die vorhandene Friedhofsstruktur dadurch bestehen bleibt. Das Modell der Grabpatenschaften wird auf anderen Friedhöfen bereits erfolgreich praktiziert.

BZ: Und wie sind Sie vorgegangen?

Kalt-Jopen: Im vergangenen Jahr hat die Friedhofsverwaltung auf unsere Initiative hin 373 Grabbesitzer angeschrieben, deren Nutzungsrecht abgelaufen war. Der Rücklauf hielt sich in Grenzen. Ein großer Teil der Angeschriebenen hat sich nicht gemeldet. Lediglich 71 Angehörige erklärten definitiv, dass sie ihre Gräber zurückgeben wollen. Daraufhin wurden diese Grabstätten fotografiert und die Bilder ins Internet gestellt. Sieben Grabpatenschaften konnten wir bislang auf diese Weise vermitteln.

BZ: Wie groß ist der Pflegeaufwand?

Kalt-Jopen: Der muss nicht besonders hoch sein. Der Grabstein muss verkehrssicher sein, die Grabstätte sollte bepflanzt werden und ordentlich aussehen. Wer sich mehr Mühe machen will, ist natürlich herzlich willkommen. Mit der Pflege erwerben die Paten das Recht, sich später in dem Grab bestatten zu lassen. Je länger die Pflegezeit währt, desto günstiger wird der Kaufpreis, nach zehn Jahren maximal 50 Prozent der ursprünglichen Summe.

BZ: Planen Sie einen weiteren Suchlauf?

Kalt-Jopen: Ja, wir machen noch einmal eine genaue Bestandsaufnahme, Grabfeld für Grabfeld, um interessante Gräber festzulegen und die bisherigen Nutzer gegebenenfalls erneut anzuschreiben. Wir haben vorgeschlagen, verwahrloste Grabstätten, für die sich keine Angehörigen mehr ermitteln lassen, mit einem Stecker zu versehen, auf dem gebeten wird, sich mit der Friedhofsverwaltung in Verbindung zu setzen. Wenn sich ein Jahr lang niemand meldet, können wir davon ausgehen, dass kein Interesse mehr an dem Grab besteht. Das Grab kann dann in die Patenschaftsliste aufgenommen werden.

BZ: Wie viele Grabpatenschaften wären Ihrer Meinung nach wünschenswert?

Kalt-Jopen: Es sollten schon einige Dutzend sein, aber von dieser Zahl sind wir noch weit entfernt.

BZ: Ist so eine Grabpatenschaft die einzige Möglichkeit, an einen Bestattungsplatz auf diesem Friedhof zu gelangen?

Kalt-Jopen: Nein, es werden seit einiger Zeit wieder bestimmte Flächen, gerade entlang der Wege, neu belegt. Außerdem gibt es ein separates Urnengrabfeld und die Möglichkeit der Baumbestattung besteht ebenfalls. Da hat der Gemeinderat mit seinem jüngsten Beschluss viele Möglichkeiten eröffnet.

BZ: Was hat sich der Verein denn neben den Grabpatenschaften auf seine Fahnen geschrieben?

Kalt-Jopen: Wir bemühen uns nach wie vor, wertvolle Grabdenkmale zu renovieren und zu erhalten. Wir wollen das begonnene Arboretum, also den Baumgarten, weiterentwickeln. Kürzlich haben wir uns an der gärtnerischen Neuanlage der Schwesterngräber der Augustiner Chorfrauen beteiligt und an der Eingrünung der Abfallcontainerplätze. Eine ganz große Aufgabe ist die Restaurierung der alten schmiedeeisernen Eingangstore. Als Vorsitzende kann ich mich glücklich schätzen, dass sich ein hoch engagiertes Team in Vorstand und Beirat für diese Projekte engagiert. Außerdem werden regelmäßig Führungen angeboten. Und am Dienstag, 28. Juni, wird es um 19.30 Uhr gemeinsam mit dem Freundeskreis der Stadtbibliothek eine interessante Lesung in der Friedhofskapelle geben. Wir wollen präsent sein.