Gecks schreiben Geschichte

Badische Zeitung vom 07/04/2012

LEUTE IN DER STADT: Wolf Gecks Familie prägte Offenburg politisch, wirtschaftlich und kulturell.
Badische Zeitung 07.04.2012 von Gertrude Siefke

OFFENBURG. Er trägt einen berühmten Namen: Wolf Geck ist der Ururenkel von Johann Baptist Geck und der Urenkel von Karl Geck. Dessen Bruder Adolf Geck ist demnach sein Uronkel. Im Rahmen der Mitgliederversammlung des Fördervereins Historischer Waldbachfriedhof hat der 73-jährige Jurist über seine Vorfahren berichtet.

Als Ahnenforscher will sich Wolf Geck nicht verstanden wissen. Es geht ihm nicht darum, einen Stammbaum zu entwickeln. Da bei den Gecks ein starkes Familienbewusstsein herrsche, habe er lediglich die direkte Linie rückwärts genauer verfolgt. Das meiste sei bekannt und könne auch nachgelesen werden, übt sich Wolf Geck in Bescheidenheit. Dennoch dürfte der eine oder andere Besucher der Veranstaltung etwas Neues erfahren haben. Wolf Geck wohnt in Ettlingen und besucht als Gasthörer Vorlesungen über neue und neueste Geschichte an der Universität Karlsruhe. Aber auch seine ganz eigene Familiengeschichte interessiert den promovierten Rechtswissenschaftler.

Johann Baptist Geck war der erste seiner Vorfahren, der in Offenburg lebte. 1831 übernahm der gebürtige Griesheimer den neu gebauten Zähringer Hof, dessen Investor sich finanziell übernommen hatte. Das Gasthaus entwickelte sich in der Folgezeit zu einem Sammelpunkt der Liberalen und Demokraten; auch der Turnverein wurde 1846 dort gegründet. Johann Baptist hatte einige Semester bei dem großen Liberalen und Staatswissenschaftler Karl von Rotteck in Freiburg studiert. Er war Gemeinderat und 1849, nach der Niederschlagung der Revolution, mit Bürgermeister Gustav Rée und weiteren Mitgliedern des kommunalen Gremiums des Hochverrats angeklagt. Die Verteidigung agierte erfolgreich: „Ihm ist nichts Schlimmes passiert“, resümierte der Ururenkel. 1860 wurde Johann Baptist zum Bürgermeister gewählt, trat das Amt aber nicht an. Die Auflage, als Stadtoberhaupt seine Wirtschaft aufzugeben, wollte er nicht erfüllen.

Karl Geck gilt als der Begründer der Glaskunstindustrie in Offenburg

1833 wurde Karl Geck geboren, der älteste von insgesamt fünf Brüdern – hinzu kamen zwei Schwestern. Karl machte eine Lehre in der Glashütte Offenburg auf dem Gelände der heutigen Arbeitsagentur. 1853 begann er im Hinterhof des väterlichen Gasthauses mit der Herstellung von Musselinglas. Wolf Geck vergleicht diese Anfänge mit dem „IT-Start in einer Garage“. In den 1860er-Jahren konnte Otto Vitali als Gesellschafter gewonnen werden, der Betrieb wurde erweitert und später in die alte Glashütte an der Kreuzung Wilhelmstraße/Weingartenstraße verlegt. Karl Geck gilt als der Begründer der Glaskunstindustrie in Offenburg und gewann auf der Deutschen Glasmalereiausstellung 1901 eine Goldene Medaille, war zuvor bereits auf der Weltausstellung in Wien 1873 erfolgreich. 1903 übernahmen seine Söhne Alfred und Karl Junior den Betrieb und verlegten ihn später nach Wiesbaden. Karl Geck war wie sein Vater politisch engagiert. Auch die soziale Frage beschäftigte ihn. Nach dem Sozialistengesetz unter Reichskanzler Otto von Bismarck half er bei der illegalen Verteilung des in Zürich gedruckten Organs der Sozialdemokratie, „Der Sozialdemokrat“. Er hatte ein Zwischenlager zur Verfügung gestellt und unterstützte den Rammersweirer Joseph Belli, der ein Transport- und Verteilungssystem für die „Rote Feldpost“ aufgebaut hatte. Karl Geck wurde dafür später zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt.

Noch bekannter ist sein 21 Jahre jüngerer Bruder Adolf Geck, der 1854 in Offenburg geboren wurde und der erste Sozialdemokrat im Präsidium der Zweiten Badischen Kammer und Mitglied des Reichstages war. Als „wortgewandten und charismatischen Redner“ charakterisiert Wolf Geck seinen Uronkel. Der absolute Machtwille habe ihm allerdings gefehlt. Sohn Tell Geck, der Maler und Cellist, bezeichnete seinen Vater als „einen in die Politik verirrten Künstler“. Eine Auffassung, die laut Wolf Geck von Fachleuten geteilt wird, allerdings weniger pointiert ausgedrückt.